TSV Vestenbergsgreuth 1:0 (1:0) FC Bayern München

 

So., 14.08.1994
DFB-Pokal
1.Runde
Vestenbergsgreuth
     
Taktische Aufstellungen
TSV Vestenbergsgreuth: Scherbaum - Schmidt - Lunz, Koch, Santl - Weigl, Ebner, Wirsching, Stein - Pfeuffer - Hüttner - Trainer: Hesselbach
FC Bayern München: Kahn - Helmer - Babbel - Jorginho, D. Hamann, Matthäus, Nerlinger, Sternkopf - Scholl - Witeczek, Papin - Trainer: Trapattoni
Tore: 1:0 Stein (43.)
Eingewechselt: 68. Latteier für Weigl, 70. Ernst für Hüttner - 46. Schupp für D. Hamann, 53. Valencia für Witeczek
Schiedsrichter: Dr. Merk (Kaiserslautern)
Zuschauer: 24.200
Gelbe Karten: Papin, Sternkopf
 
Analyse
Chronik des Spiels: 48. Sekunde: Flanke von Jorginho. Torwart Scherbaum reagiert sicher in seiner ersten Aktion.
18. Minute: Helmer schickt Witeczek rechts in die Gasse, dieser verzieht aber aus 10 Metern.
33. Minute: Scherbaum rettet vor Papin, der den Torwart dabei leicht verletzt.
38. Minute: Nach einer Flanke von links durch Sternkopf zieht Scholl aus acht Metern ab, Scherbaum wehrt den Ball mit einer Glanzparade ab.
40. Minute: Witeczek setzt Papin in Szene. Dieser verzieht von der Strafraumgrenze nur knapp.
43. Minute: Nach einem Getümmel im Strafraum setzt sich Hüttner am rechten Flügel ab, flankt scharf auf Stein, der aus drei Metern Kahn im Münchner Tor keine Chance läßt: 1:0 für den Außenseiter!
50. Minute: Nach einer Ecke von Wirsching schießt Hüttner aus drei Metern aufs Tor, Scholl rettet auf der Linie für den geschlagenen Kahn.
58. Minute: Toller Paß von Matthäus auf Jorginho, der flankt scharf nach innen zu Papin, doch Scherbaum verkürzt den Winkel und schlägt den Ball am Tor vorbei.
61. Minute: Der Ball ist nach einer Flanke fast im Greuther Tor. Fünf Verteidiger und drei Angreifer tummeln sich um den Ball, bevor Harry Koch klären kann.
69. Minute: Werner Pfeuffer läßt die Bayern-Abwehr wie Anfänger aussehen. Seine Flanke köpft Harry Ebner nur knapp über das Tor.
87. Minute: Jorginho zieht aus 22 Metern ab, Scherbaum hält den Aufsetzer sicher.
88. Minute: Latteier bedient Pfeuffer, der aus 16 Metern nur das Außennetz trifft.
90. Minute: Ebner tanzt Matthäus aus, schlenzt den Ball aber mit dem linken Fuß knapp über die Torlatte.
93. Minute: Größte Chance der Bayern des gesamten Spiels. Papin hebt den Ball über Scherbaum, trifft aber nur den Pfosten. Koch bereinigt die brenzlige Situation.
Presseecho: Jetzt müssen wir mit der Schmach leben", hat Lothar Matthäus nach dem Pokal-K.O. seines FC Bayern München richtig erkannt. Der TSV Vestenbergsgreuth bietet der ganzen Republik Gesprächsstoff und macht sogar im Ausland Schlagzeilen. So vermeldet die "Gazetta dello Sport", Italiens größte Sportzeitung mit einer täglichen Auflage von 800000 Exemplaren, auf ihrer Titelseite die Sensation. Insgesamt 80 Zeilen ist das Ereignis den Italienern wert, und die Unterzeile "Club di dilettanti elimina Trapattoni" ist keine Geringschätzung der Greuther - deren Vereinsname übrigens fett gedruckt erscheint, denn die "dilettanti" sind schlicht und einfach die Amateure. In den meisten Blättern überwiegt natürlich der Spott über den unrühmlichen Abgang der Münchner, während der Dorfverein in den höchsten Tönen gelobt und respektvoll behandelt wird. Eine ganze Seite widmet beispielsweise die Boulevardzeitung "Express" in Köln "dem stärksten Dorf im ganzen Land".

Gazetta dello Sport: Trapattoni schon wieder k. o. - Deutschland: Paukenschlag im Pokal. Amateurclub eliminiert Trapattoni. Bild-Zeitung: Über diesen Witz lacht die Bundesliga: Giovanni Trapattoni hat bisher drei Worte Deutsch gelernt: Danke, Bitte und - Vestenbergsgreuth...). Die Bayern-Schande. Zu überheblich, zu geldgierig und auch noch zu faul! Frankfurter Allgemeine Zeitung: Vestenbergsgreuth - solche Orte kann man nicht erfinden. Es gibt sie nur als Zungenbrecher in Verkehrshinweisen oder in Loriot-Sketchen. Und, alljährlich im August, in der ersten Pokalrunde, Rubrik: Amateure gegen Bundesliga. Gäbe es diesen Wettbewerb nicht, man müsste ihn schon aus pädagogischen Gründen erfinden. Er zeigt, daß die Geographie des deutschen Fußballs unerschöpflich ist.

Süddeutsche Zeitung: Dummerweise hat der FC Bayern am Sonntag gegen Vestenbergsgreuth im DFB Pokal gekickt und nicht in der Champions League. International ist die disziplinierte Defensive nach Schema F ein probates Mittel, um starkem Druck zu wiederstehen. Einen Drittligisten bezwingt man zur Not mit den simplen fußballerischen Mitteln: Kampf und Einsatz. Der FC Bayern ist am eigenen Anspruch gescheitert. Hochmut kommt vor dem Fall. Kicker-Sportmagazin: Vor einem Millionen-Publikum am Bildschirm verwies die Regionalliga-Mannschaft des TSV Vestenbergsgreuth den Deutschen Meister in seine derzeitigen Grenzen.

Stimmen zum Spiel: Paul Hesselbach (Trainer des TSV Vestenbergsgreuth): Geglaubt habe ich an diese Überraschung nicht, aber gewünscht habe ich sie mir. Wie die Mannschaft gekämpft hat und die taktische Marschroute eingehalten hat, verdient ein Pauschallob, wobei man Werner Pfeuffer und Harry Koch noch herausheben kann, ohne die anderen irgendwie abzuwerten. Trotz aller Ausgelassenheit wird bei uns aber nicht groß gefeiert, denn nach diesem Spiel brauchen wir die nächsten zweieinhalb Tage zur Regeneration auf das Regionalligaspiel am Mittwoch in Augsburg.
Giovanni Trapattoni (Trainer des FC Bayern München): "Unser Gegner hat sehr diszipliniert nach hinten gespielt und in der ersten Halbzeit aus drei Kontern leider ein Tor erzielt. In der zweiten Halbzeit waren wir zwar druckvoller, aber nicht wach genug, und so waren unsere Chancen mehr dem Zufall überlassen, als gekonnt herausgespielt."
Helmut Hack (Vorsitzender des TSV Vestenbergsgreuth): "Ein Übertraum ist wahr geworden. Unbeschreiblich, unfassbar, dieses Ergebnis sprengt den Rahmen meiner Vorstellung, denn ich wollte ein Fußballfest haben — und jetzt haben wir sogar den Meister ausgebootet."
 
Quelle: www.greuther-fuerth.de