Die `Löwen" zeigten Krallen, aber am Ende war alles halb so wild - der FC Bayern stand da wie ein Dompteur nach der Zähmung eines aufsässigen Hauskätzchens. Nach dem 3:1 (1:0)-Sieg des deutschen Rekordmeisters im 180. Lokalderby gegen den TSV 1860 verkündete Bayern-Manager Uli Hoeneß ohne Illusionen: `Gegen Kiew am Mittwoch in der Champions League müssen wir uns steigern, wenn wir gewinnen wollen." Und Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni verriet nach dem Prestige-Erfolg gegen den Tabellenletzten: `Wir sind noch immer auf der Suche nach der Idealformation." Während sich die `Roten" nach ihrem vierten Saisonerfolg durch Treffer von Markus Schupp (31.), Christian Ziege (55.) und Alexander Zickler (86.) mit 9:3 Punkten immerhin wieder auf den zweiten Tabellenplatz hinter Bremen vorgearbeitet haben und die jüngsten Pleiten in etwas milderem Licht erscheinen lassen, stehen die `Blauen" nach 1:11 Punkten weiter fest vereint im Leid. Nur noch dünne Durchhalteparolen geben die harmlosen Bundesliga-Neulinge aus: `In der ersten Halbzeit haben wir den besten Fußball in dieser Saison gespielt, den Mut zu verlieren oder nach einem neuen Trainer zu rufen wäre jetzt ganz verkehrt", erklärte Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Und der österreichische Stürmer Peter Pacult, der per Elfmeter das einzige Tor bei drei Heimniederlagen erzielte (79.), weiß: `Wir müssen konzentriert weiterarbeiten, das Fußballeben geht weiter." Zunächst einmal ausgerechnet ohne drei Stammspieler. Weil Schiedsrichter Hellmut Krug (Gelsenkirchen) in der kampfbetonten und zerfahrenen Partie die bunten Kartons ziemlich locker saßen, fehlt Kapitän Bernd Trares nach seiner fünften gelben Karte im nächsten Punktspiel in Dresden; rot sahen Mittelfeld-Antreiber Manfred Schwabl für ein Foul am davoneilenden Marcel Witeczek und Stürmer Bernhard Winkler. Der nannte den Linienrichter nach einem nicht gegebenen Abseitstreffer von Pacult den Worten Krugs zufolge `dumme Sau" und muss diese Dummheit büßen, wie Trainer Werner Lorant zu verstehen gab. Die Bayern müssen derweil auf Christian Nerlinger verzichten, der für ein harmloses Foul ebenfalls die Gelb-Rote Karte bekam - die erste in seiner Karriere seit einem B-Jugend-Derby mit dem FC Bayern gegen den TSV 1860. Den Sechzigern bleibt die Erkenntnis, dass Kampf allein und ein überdurchschnittlich guter Mittelfeldspieler Peter Nowak nicht reichen. Als Trost für die mitleiderregende Vorstellung gibt es immerhin eine hübsche Nettosumme von über einer Million Mark durch die Einnahmen aus dem mit 62.000 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Olympiastadion plus Fernseh-Honorar. Froh sind sie jetzt, bis zum ersten Rückrundenspiel gegen Borussia Dortmund wieder in ihre kleine heile Welt im Grünwalder Stadion zu dürfen. `Im Olympiastadion haben wir einfach die Seuche", ließ sich Lorant zitieren. Die Bayern können derweil `ruhig auf die Wies`n gehen", wie Ziege findet. Vielleicht kommen sich dort auch Präsident Professor Fritz Scherer und sein Vize Karl-Heinz Rummenigge, sein voraussichtlicher Konkurrent bei den Präsidiumswahlen am 14.November, etwas näher. `Es ist möglich, dass ich kandidiere", erklärte Rummenigge erneut, `demnächst setzen wir uns aber noch einmal zusammen". (Quelle: ran SAT.1 Fussball - FC Bayern München 1994/95 (CD-ROM, sportronic/ Sports and more)