Nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Bernd Heynemann fielen sich die Spieler von Bayern München in die Arme, als hätten sie gerade ihre 14. Meisterschaft gewonnen. Dabei gab es `nur" ein 1:1 (0:1) beim Angstgegner 1. FC Kaiserslautern zu feiern. `Wir haben einen Rückstand umgebogen. Das zeigt, dass unsere Moral intakt ist", bilanzierte Bayern-Schlussmann Oliver Kahn mit wichtiger Politiker-Miene. Keine Frage: Die Münchner müssen sich derzeit in Bescheidenheit üben. Trat man seit jeher mit offen zur Schau gestellter Siegermentalität in des Gegners Stadion auf, so ist davon im Moment nichts zu spüren. `Wir haben erst in der zweiten Halbzeit unsere Scheu abgelegt und angefangen Fußball zu spielen. Wir sind auf dem Weg zu einer Spitzenmannschaft, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen", weiß Rekordnationalspieler Lothar Matthäus den Stellenwert der `Bayern '94" richtig einzuordnen. Es sei ja schließlich eine halbe Jugendmannschaft, die den Lauterern ein Unentschieden abgeknöpft habe, meinte Manager Uli Hoeneß. Er fügte hinzu, dass er fortan keinen Druck ausüben werde, um die jungen Spieler nicht weiter zu verunsichern. Für einen Deutschen Meister, der sich vor der Saison mit Stars wie Jean-Pierre Papin. Oliver Kahn und Alain Sutter verstärkte und mit Giovanni Trapattoni den `besten Vereinstrainer der Welt" verpflichtete, wirkt diese Aussage allerdings reichlich dünn. So spielten die Bayern dann auch zunächst auf dem gefürchteten Betzenberg. Zaghaft, beinahe in jedem Zweikampf zweiter Sieger, mußte man schon nach neun Minuten das 0:1 durch einen Abstauber von Pavel Kuka hinnehmen. Glück für die Startruppe von der Isar, dass den Pfälzern nach drei englischen Wochen die Kraft ausging. Trotz des Totalausfalls Alain Sutter und einem schwachen Jean-Pierre Papin kamen die Gäste bereits vor der Halbzeit zu zwei guten Möglichkeiten und schafften schließlich in der 77. Minute das hochverdiente 1:1 durch Alexander Zickler. `Man kann die Bayern nicht jedes Jahr vom Platz fegen. Wir können mit diesem 1:1 gut leben", war auch Lauterns Trainer Friedel Rausch mit der Punkteteilung zufrieden. Die Schwächen seiner Mannschaft waren offensichtlich. Spielt ein Libero Miroslav Kadlec einmal nicht in Glanzform, dann wackelt die Abwehr um die biederen Manndecker Roos und Lutz. Zudem lebt der Vizemeister zu sehr vom Kampf. Fehlt, wie gegen München, die Kraft, dann fehlen dem Team die spielerischen Mittel, um einen Gegner unter Druck zu setzen. (Quelle: ran SAT.1 Fussball - FC Bayern München 1994/95 (CD-ROM, sportronic/ Sports and more)