FC Bayern München 3:1 (2:1) SV Werder Bremen

 

Sa., 17.06.1995
Bundesliga
34.Spieltag
München
Olympiastadion
     
Taktische Aufstellungen
FC Bayern München: Kahn - Helmer - Kuffour, Babbel - Frey, Schupp, Nerlinger, Ziege - Scholl - Zickler, Witeczek - Trainer: Trapattoni
SV Werder Bremen: Gundelach - Neubarth - Borowka, Ramzy, Schulz - Basler, Eilts, Herzog, Votava, Bode - Hobsch - Trainer: Rehhagel
Tore: 1:0 Ziege (13.), 1:1 Basler (39., Foulelfmeter), 2:1 Zickler (41.), 3:1 Zickler (78.)
Eingewechselt: 70. D. Hamann für Witeczek, 78. Kostadinov für Zickler - 28. Bestschastnich für Schulz, 61. Bester für Hobsch
Schiedsrichter: Aust (Köln)
Zuschauer: 63.000 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Ziege, Nerlinger - Eilts, Neubarth
 
Analyse

Als strahlender Sieger wollte er nach München kommen, jetzt ging er erst einmal als deprimierter Verlierer. Statt als amtierender Regent der Bundesliga wird Otto Rehhagel am 10. Juli 1995 nur als `Otto II." den Dienst als Trainer des FC Bayern München antreten. Um seinen zukünftigen Arbeitsplatz wird er bis dahin einen großen Bogen machen: Was als Bühne für einen triumphalen Auftakt für seine Zukunft bereitet war, wurde für Rehhagel zum Schauplatz seiner vielleicht bittersten Demütigung. Die Mannschaft des SV Werder Bremen hat dem scheidenden Coach zum Abschied einen bösen Streich gespielt. Ohne Mumm, ohne Emotionen und vor allem ohne die Leidenschaft, die einen Meister ausmacht, gab Rehhagels völlig enttäuschende Truppe die Meisterschale noch aus der Hand. Das 1:3 (1:2) beim entthronten Meister FC Bayern war weitaus erschütternder, als es das Ergebnis aussagt. `Wir haben so schlecht gespielt, wir haben es nicht verdient, Meister zu sein", drückte der indisponierte Mario Basler die allgemeine Ernüchterung aus. `Schlecht gespielt" war die Standardinformation der Bremer, die nach dem Spiel ebenso zurückhaltend sprachen, wie sie zuvor auf dem grünen Rasen vor 63.000 im ausverkauften Olympiastadion auch gekickt hatten. `Die Bayern haben sehr gut gespielt, man merkte, die wollten gewinnen", resümierte Otto Rehhagel. Seine Mannschaft dagegen wollte vielleicht, doch sie konnte offenbar nicht. `Sie hat das getan, was in ihren Kräften stand", entschuldigte Rehhagel den eher kläglichen Abschied von den Meisterträumen. Es schien, als hätte sich ein unsichtbares Virus in die Reihen der Bremer eingeschlichen. Spätestens nach neun Minuten, als sich das erste Tor aus Dortmund per Anzeigetafel meldete, wirkten Basler und Co. wie gelähmt. Nach dem 1:0 durch Christian Ziege (14.) machte sich kurzfristig der Mut der Verzweiflung bei den Bremern breit, als dem glücklichen 1:1 per Foulelfmeter durch Mario Basler (39.) aber prompt das 2:1 von Alexander Zickler folgte (41.), war der Untergang der Hanseaten bereits besiegelt. Allen Befürchtungen zum Trotz spielten die Bayern die Bremer an die Wand. Einer spielte gar Katz und Maus. Mehmet Scholl, trotz der Transfers von Ciriaco Sforza (1. FC Kaiserslautern) und Andi Herzog (Werder Bremen) nicht vor Otto Rehhagel geflüchtet, spielte sich vor den Augen seines künftigen Lehrmeisters in einen wahren Rausch. Die Vorlage zum 1:0 gab er per Freistoß, das 2:1 durch Zickler legte er ebenso auf wie dessen 3:1 (78.). Da mußte sogar Lothar Matthäus auf der Reservebank bleiben. Nächster Comeback- Termin: 12. August. So saft- und kraftlos die Bremer, so wild die Bayern. `Jetzt ist die Saison wenigstens ohne Manipulation zu Ende gegangen", sagte Werder-Manager Willi Lemke süß-sauer lächelnd zum entfesselten und zusätzlich lähmenden Auftritt der hochmotivierten Bayern. `Wir haben heute für Giovanni Trapattoni gespielt", erklärte Libero und Kapitän Thomas Helmer die wohl beste Saisonleistung des Rekordmeisters. Der scheidende Trainer verabschiedete sich gerührt und mitfühlend: `Es tut mir leid für Bremen, aber so ist Fußball." Eine schmerzhafte Erkenntnis für Otto Rehhagel, der vergebens versuchte, dem Schlechten das Gute abzugewinnen. `Die Mannschaft hat trotzdem eine großartige Saison hinter sich. Wir waren die einzigen, die den Dortmundern am Ende Paroli geboten haben", befand der Coach, doch so richtig überzeugt schien er von dieser Einschätzung nicht zu sein. `Letzten Samstag hätte es sein müssen, heute hat es nun leider nicht gereicht", stellte er deprimiert fest. Gegen Bayern waren die Bremer der Meisterschale nicht mehr würdig. Mario Basler wollte glauben machen, das sei alles nicht so tragisch. `Davon geht die Welt nicht unter, es gibt Schlimmeres", behauptete der neue Bundesliga-Torschützenkönig (20 Treffer). Seinen Trainer traf die verschenkte Meisterschaft viel härter: `Ich brauche jetzt wohl zwei Wochen, um das alles zu verarbeiten." Trösten dürfte ihn, dass seine künftigen Spieler sich als echte Profis präsentierten und auch keine Angst vor Rehhagel'schen `Rachegelüsten" haben. `Er will hier ja Meister werden, oder?", witzelte Thomas Helmer. Könnte hinhauen. Während Bremens Nationalspieler Dieter Eilts nur trotzig erklärte, nächste Saison `werden wir jetzt einen neuen Anlauf starten", klang Andreas Herzog wesentlich optimistischer. Er freue sich nun auf die neue Saison, `hoffentlich habe ich hier mehr Erfolg", sagte der Neu-Bayer auf dem Rasen des Olympiastadions. Die Saison von Bayern, Rehhagel und Herzog könnte allerdings noch einmal empfindlich getrübt werden. Schließlich sind sie nun allesamt darauf angewiesen, dass Borussia Mönchengladbach das Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg gewinnt. (Quelle: ran SAT.1 Fußball - FC Bayern München 1994/95, CD-ROM, sportronic/ Sports and more)