Die `neuen" Bayern greifen wieder an. Beim 1:1 (0:0)-Unentschieden gegen den Hamburger SV im mit 60.000 Zuschauern ausverkauften Volksparkstadion traten sie so souverän auf, als strebten sie geradewegs der erfolgreichen Titelverteidigung entgegen. `Das war ein Superspiel", freute sich Mehmet Scholl, `unsere beste Auswärtsleistung überhaupt." Getrübt wurde die Freude der Münchner nur durch den Ausgleich in buchstäblich letzter Sekunde. Einen heftig umstrittenen Freistoß hämmerte Jörg Albertz zum glücklichen Punktgewinn für die Gastgeber ins Netz. Zuvor hatte Scholl mit einem Foulelfmeter (69.) für die Führung des deutschen Rekordmeisters gesorgt. `Das Europacupspiel in Göteborg hat zwar viel Kraft gekostet, aber noch viel mehr Selbstvertrauen gebracht", begründete Dieter Frey die spielerische Glanzvorstellung seines Teams. Zahlreiche Chancen spielten sich die Münchner heraus und nur Torwart Richard Golz hatten es die Hanseaten zu verdanken, dass sie nicht unter die Räder kamen. `Es ist sehr ärgerlich, dass wir diese Gelegenheiten nicht genutzt haben", sagte Scholl, `aber wir blicken jetzt voraus." Fünf Punkte Rückstand haben sie noch auf Tabellenführer Dortmund. Das kann in den zwölf noch ausstehenden Partien noch aufgeholt werden - zumal die Bayern Dortmund, Bremen und Kaiserlautern noch im Olympiastadion erwarten. `Als wir die anderen Zwischenstände gesehen haben, habe ich alle heiß gemacht, noch eine Schippe draufzulegen und ein Tor zu machen", beschrieb der erneut überragende Libero Thomas Helmer die neue Verfolgermentalität. `Sie scheinen endlich begriffen zu haben, was Trapattoni will", analysierte Bayern-Manager Uli Hoeneß, `sie haben großartig gekämpft und spielerisch den Gegner auseinander genommen." Doch statt gewohnt vollmundig Titelansprüche zu formulieren, trat er verbal die Euphoriebremse: `Unser wichtigstes Ziel bleibt der UEFA-Cup." Davon redet beim HSV schon lange niemand mehr. An der Elbe ging es nur um akute Krisenbewältigung im Vorstand und auf dem Platz. Das wenigstens könnte gelungen sein. Der umstrittene Präsident Ronald Wulff war zwar im Stadion, mied jedoch die Öffentlichkeit. Und Torwart Richard Golz sieht in dem Spielverlauf ein gutes Omen: `Ich hoffe, dieses Glück ist ein Zeichen für die Wende." Trainer Benno Möhlmann analysierte die begrenzten Möglichkeiten seines Teams klar: `Ohne fünf Stammspieler sind wir nicht stark genug, uns gegen eine solche Spitzenmannschaft spielerisch durchzusetzen." Fünf Stammspieler fehlten den Bajuwaren zwar auch, aber die Abwesenheit von Matthäus, Kahn, Papin, Witeczek und Hamann fiel bei den Bayern nicht ins Gewicht - die neue Mannschaft hat letzten Mittwoch und am Samstag zu eigener Stärke gefunden. (Quelle: ran SAT.1 Fussball - FC Bayern München 1994/95 (CD-ROM, sportronic/ Sports and more)