Die Fußball-Sinfonie bei Bayern München in der Endphase der Ära von `Maestro" Giovanni Trapattoni wird von immer schrilleren Mißtönen begleitet. `Nach dem Ajax-Spiel haben viele Spieler kein Interesse mehr für Ergebnisse", radebrechte der italienische Coach nach der 0:2 (0:1)-Niederlage des Titelverteidigers bei Bayer Leverkusen. `Trap" wollte damit wohl zum Ausdruck bringen, dass seine Mannschaft nach dem Aus im Halbfinale der Champions League auch die Saison abgehakt habe. Zwar wurden die offensichtlichen Probleme zwischen dem wegen seines Achillessehnenabrisses weiterhin fehlenden Kapitäns Lothar Matthäus und Ersatzspielführer Thomas Helmer in einem Gespräch mit Vize-Präsident Karl-Heinz Rummenigge unter der Woche `ausgeräumt" (Manager Uli Hoeneß), aber im Takt ist das Bayern-`Orchester" im Bundesligaendspurt nicht. Dabei steht eine ganze Menge auf dem Spiel. Bleibt das für die kommende Saison dank der Neueinkäufe Klinsmann, Herzog, Sforza und Strunz zum `Bavarian Dream Team" avancierte Bayern-Ensemble auf dem sechsten Platz, bedarf es schon der Schützenhilfe von Borussia Mönchengladbach. Nur ein Pokalsieg des alten Rivalen gegen den Zweitligisten VfL Wolfsburg lässt Klinsmann und Co. in der kommenden Saison internationale Luft im UEFA-Pokal schnuppern. Hoeneß sieht den letzten beiden Saisonspielen in Dresden und gegen Bremen trotz der Leverkusen-Niederlage gelassen entgegen. `Wir dürfen uns nicht verrückt machen lassen", sinnierte der Manager, `es wäre schon das achte Weltwunder, wenn Gladbach noch mal ein Pokalfinale wie gegen Hannover verlieren würde." Symptomatisch für das Auftreten vor 27.600 Zuschauern im ausverkauften Haberland-Stadion war der verschossene Handelfmeter von Nationalspieler Christian Ziege (82.), der an Leverkusens Ersatztorhüter Dirk Heinen scheiterte. `Ich habe noch hineingerufen, dass jemand mit Entschlossenheit schießen soll", erklärte Trapattoni. Er vermisste die Vehemenz beim Strafstoß, der den 1:1-Ausgleich hätte bringen können. Bayern-Torhüter Oliver Kahn sagte den Fehlschuss seines Teamkollegen sogar voraus. `Wetten, dass der verschießt", orakelte der Keeper. Statt des etatmäßigen Elfmeterschützen Mehmet Scholl (`Ich fühlte mich nicht sicher") war Ziege angetreten. Für Bayer-Coach Erich Ribbeck war der Erfolg über den noch amtierenden Deutschen Meister, den er bis Ende 1993 betreut hatte, durch Tore von Ulf Kirsten (45.) und Paulo Sergio (90.) ein besonderer Prestigesieg. Zumal er Heinen anstelle von Stammkeeper Rüdiger Vollborn aufbot - Ribbeck: `Ich wollte ihn einmal sehen, wenn er unter Druck steht" - und damit einen Glücksgriff tat. Die Patzer bei den Flanken gestand der gebürtige Kölner Heinen frank und frei ein (`Da bin ich noch ein bisschen zu grün"), war aber ansonsten mit sich zufrieden: `Es war nicht so schlecht." (Quelle: ran SAT.1 Fußball - FC Bayern München 1994/95, CD-ROM, sportronic/ Sports and more)